Heinz Eisfeld
Geboren am 24. Okt. 1931 in Altenburg – ermordet vor 55 Jahren am 23. Okt. 1952 in Moskau, einen Tag vor seinem 21. Geburtstag.
Von Gerald Wiemers
Heinz Eisfeld ist dem Umfeld der Altenburger und Meuselwitzer Schüler zuzurechnen. Einer seiner Lehrer war Wolfgang Ostermann, der am 12. Dezember 1950 in Moskau hingerichtet worden ist. Sie alle sind rehabilitiert, aber die Mörder von einst sind namentlich meist unbekannt, eingetaucht in ein System, das mit Stalins Namen nur unzureichend umschrieben ist. Auch nach Stalins Tod ging das Morden weiter, denken wir nur an Walter Linse (1903– 1953), der am 15. Dezember 1953 in Moskau hingerichtet wurde.
Nach dem Abitur zog Hans Eisfeld nach Leipzig, gehörte der Volkspolizei an, um Medizin studieren zu können. Wie Herbert Belter glaubte er nach 1945 an einen wirklichen demokratischen Neuanfang. Sein Schicksal und sein kurzes Leben sind bis heute noch nicht ausreichend erhellt. Umso verdienstvoller ist es, dass sein ehemaliger Klassenkamerad, Hans Günter Aurich, selbst durch ein sowjetisches Militärgericht im April 1952 in Potsdam zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt, davon zwischen 1952 und Oktober1955 nach Workuta verschleppt, im letzten Jahr in einem Roman Heinz Eisfeld ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Wir lernen seine Eltern kennen, das Meuselwitzer Umfeld, die Schule, einzelne Lehrer, seine große Liebe, seine Hoffnungen, das Medizinstudium in Leipzig, die Verhaftung, den Verhaftungsgrund, die russischen Verhöre, seine Verschleppung von Meuselwitz nach Altenburg, von dort in die russische Kommandantur nach Leipzig und schließlich nach Potsdam. Dann führte der Weg per Bahn in die Butyrka nach Moskau. Im sogenannten Prozess gegen die sieben Meuselwitzer Schüler sind allein vier zum Tode verurteilt worden, darunter auch Heinz Eisfeld. Sie alle glaubten nicht an die Vollstreckung, und doch wurde sie für drei zur Gewissheit: am 23. Okt. 1952. Seine alten Eltern, Richard und Mathilde, Jg. 1883 und 1889 – erhielten nach sieben Jahren im Juli 1959 eine offizielle Erklärung vom Roten Kreuz, dass ihr Sohn am 23. Oktober 1955 in der Sowjetunion verstorben sei. In ähnlicher Weise ging man mit den Hinrichtungsdaten von Helmut Paichert und Heinz Baumbach um.
Die Wirklichkeit wird zur Unkenntlichkeit pervertiert. Daran ändern auch die späten Rehabilitationen – nach über 40 Jahren – nichts mehr. Der Anspruch des Sowjetsystems bleibt auf der Strecke und bricht 1989/90 folgerichtig in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Zu spät für die drei Meuselwitzer Schüler und ihren mutigen Lehrer.
UND DER MORGEN LEUCHTET IN DER FERNEEin Leben in zwei Diktaturen250 Seiten, PaperbackISBN: 3-87336-336-4
Der Autor: Professor Dr. Gerald Wiemers ist Historiker und Archivwissenschaftler. Seine Spezialgebiete sind Jugendwiderstand unter der SED-Diktatur, studentischer Widerstand sowie Wirken und Verfolgung jüdischer Wissenschaftler an der Universität Leipzig.
Erschienen in: FREIHEIT UND RECHT 2007 / 4