Neue Formen des Gedenkens in der Kunst

Paul Hufs „Forschungsreise wider das Vergessen“

Von Lars Mentrup

Wie kann man das Unfassbare der Nazi-Zeit in einer neuen Form des Gedenkens verarbeiten? Können wir mit der Kunst eine neue Sprache der Vermittlung finden? Paul Huf hat einen gelungenen Versuch angestellt.

Am 20. November 2011 jährte sich die erste Deportation jüdischer Münchner nach Kaunas in Litauen. An jenem Tag vor siebzig Jahren begann für 976 jüdische Münchner – Männer, Frauen und Kinder die Reise vom Barackenlager Milbertshofen in den Tod. Kurz nach ihrer Ankunft wurden sie am 25. November 1941 ermordet.

Vom 6. bis 20. November 2011 begab sich der Künstler Paul Huf auf eine „Forschungsreise wider das Vergessen“, um den Verbrechen jener Zeit auf die Spur zu kommen. Gemeinsam mit einem Holocaust-Überlebenden und zwei weiteren Begleitern fuhr er mit dem Zug entlang der Deportationsrouten über Theresienstadt, Auschwitz, Lublin schließlich nach Kaunas. Die Eindrücke hielten die Forschungsreisenden schriftlich und bildlich in einem Reisetagebuch fest. Es entstand eine eindringliche, aber nicht aufdringliche Sammlung aus Zitaten, Fotos, Zeichnungen und Logbucheinträgen.

Noch während der Reise wurden die eindrücke täglich per Internet nach München übertragen und abends mit Hilfe einer Projektion an die Hausfassade des Kulturhauses Milbertshofen gezeigt. Gleichzeitig wurden die Notizen und die Projektion auch im Internet weltweit verfügbar gemacht. Unter www.forschungsreise-wider-das-vergessen.de/reisetagebuch ist ein neuer Blickwinkel auf das dunkelste Kapitel deutscher Geschichte auch weiterhin zu finden.

Paul Hufs Werke von der Forschungsreise und die Projektion sind vom 1. Dezember 2011 bis 28. Januar 2012 in einer Ausstellung im Kulturhaus Milbertshofen zu sehen – und mit einer Finissage am letzten Tag endet üblicherweise das Geschehen. Doch hier nicht: Die Arbeiten können ab dem 2. Februar über den Kunstverleih Milbertshofen ausgeliehen werden. So wandert das Gedenken in die privaten Räume und der Graben zwischen öffentlichen Appellen zum Gedenken und zur Beschäftigung im Privaten wird überwunden.

 

Der Autor

Lars Mentrup, Jg. 1976, München, Mathematiker, Produktionsleiter des Projekts „Forschungsreise wider das Vergessen“, seit 12. November 2011 Vorstandsmitglied des BWV-Bayern

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